Stillen
Kommentare 10

“Bei uns konnte keiner Stillen”

nicht stillen alternative
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Zugegebenermaßen, ich bin mir manches Mal nicht sicher, ob ich über gewisse Themen schreiben soll.

Aber ich muss.

Denn es macht mich maßlos wütend, wenn ich erleben muss, wie sich Mütter durchbeißen durch die ersten Wochen in Ihrem Leben mit Baby. Wenn sie alles in ihrer Kraft stehende geben, mit dem Stillen, um dann enttäuscht von sich aufzugeben.

“Haben wir es nicht gesagt” …

“Du hättest dir überhaupt nicht so viel Stress machen müssen” …

“Bei uns in der Familie kann keiner Stillen” …

“Und? Ihr seid auch groß geworden mit der Flasche – hat es euch geschadet?”

Nein – ich möchte nicht alle über einen Kamm scheren – sondern nur jene, die Betroffen sind!

Jetzt mal ganz ehrlich!?

Wenn in deiner Familie keiner hätte Stillen können, dann wäre die Familie vermutlich ausgerottet gewesen, noch bevor 1872 das Patent für Pulvermilch in den Vereinigten Staaten (Quelle: Wikipedia) eingereicht wurde.

Ja – Ammen gab es damals, aber bei weitem nicht für jedermann.

Warum Ersatznahrungen weit über 100 Jahre alt sind

Wenn du an der Geschichte der Säuglingspflege interessiert bist, dann schau ruhig einmal auf den Blog von Karin Bergstermann. Sie studiert intensiv die alten Literaturwerke und berichtet daraus.

Und schau mal, was ich dort gefunden habe?

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“Zwei Theile Wasser und ein Theil abgekochter Milch, sind ohnstreitig am passendsten zu der ersten Nahrung.”

Du siehst, schon um 1830 war die Ersatznahrung ein Thema. Es war von solcher Wichtigkeit, dass es bereits damals in Elternratgebern einen Platz fand.

Bei der Nutzung dieser Mischungen nahm man in Kauf, dass die Sterberate der ersatzernährten Babys bis zu 12mal höher war, als bei gestillten Kindern.

Es kamen ungeeignete und verunreinigte Ersatznahrungen zum Einsatz.

Warum die Lage heute nur wenig besser ist

Fläschchennahrung ist heutzutage weiterhin eine so große Gefahr, weil wir uns ihrer gar nicht mehr bewusst sind. Flaschennahrung wird uns als sichere, bedenkenlose, manchmal sogar als gleichwertige Alternative zu Muttermilch verkauft.

Natürlich nicht ganz offensichtlich.

Werbeaussagen, dass Formula-Nahrung der Muttermilch gleichwertig sei, sind strikt durch den Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten reglementiert. Immer wieder werden deshalb neue Formulierungen der Werbebotschaft auf den Pulver-Packungen kreiert.

Die einzig wahre Aussage macht wohl in diesem Fall die Zutatenliste. Muttermilch ist das einzige Lebensmittel, bei dem es wirklich eine lange Liste an Inhaltsstoffen bräuchte, um an Wertigkeit aufzuholen – doch davon sind wir weit entfernt. Nicht zu vergessen, dass alle Inhaltsstoffe nicht-humanen Ursprungs und damit artfremd sind.

In der Versorgung von Frühgeborenen sucht man daher wieder dringend nach gespendeter humaner Milch, um eine artgerechte Versorgung der Allerkleinsten gewährleisten zu können. Dies tut man jedoch nicht aus ideologischen, sondern aus rein medizinischen Überlegungen heraus.

Warum können dann so viele Frauen nicht stillen?

Die Wahrheit liegt im Detail

Also: wie steht es um den Wahrheitsgehalt dieser Aussage?

Müsste es nicht vielmehr heißen: Bei den Frauen die wir mitbekommen haben hatten wirklich viele Schwierigkeiten erfolgreich zu Stillen?

Also was ist da los??

Die meisten Frauen die wir erfolglos beim Stillen erlebt haben und von denen wir gehört haben lebten nach Erfindung von Milchpulver.

Die Nahrungs-Firmen und die Gesellschaft zu dieser Zeit waren geprägt von einer frühen Abnabelung des Bandes zwischen Mutter und Baby – da kam diese Erfindung gerade recht.

Auch in den 80er Jahren dieses Jahrhunderts fanden viele Mütter kaum Unterstützung für erfolgreiches Stillen – in manchen Gegenden Deutschlands leider bis heute.

Warum es eine Frage der Dosis ist

Natürlich hat Säuglingsmilch ihre Berechtigung dort, wo Mütter keine Alternative dazu haben. Bei den ca. 2% der Frauen die es betrifft (das waren laut Statistik 2013 in Deutschland 13642 Babys) wollen wir einfach dankbar sein.

Das ist die Dosis der Menschheit, die nach dem Aussterben des Ammentums von Säuglingsnahrung profitiert. Doch für alle anderen ist sie erst einmal nicht notwendig.

Gott-sei-dank haben wir dann noch die Wahlfreiheit. Wir können als Frauen entscheiden nicht zu stillen.

Dies tun in Deutschland ca. 68200 Frauen (2013) wenn man zugrunde legt, dass 90% der werdenden Mütter Stillen wollen.

So viele Mütter beginnen auch mit dem Stillen. Doch nach nur 8 Wochen sind schon 20-30% weggebrochen – das ist sehr viel, wenn man bedenkt, dass in der Menschheitsgeschichte das Fehlen dieser Ernährung den ziemlich sicheren Tod bedeutet hat.

Die Dosis der Frauen die das Stillen frühzeitig aufgeben ist viel höher als das medizinisch notwendig wäre. Und höher, als es aus Sicht der Natur nur irgendwie sinnvoll sein könnte.

Warum es so viele betrifft

Sicher – die Gründe sind vielseitig.

Wem nach 8 Wochen Stillen mit schmerzenden Brustwarzen nicht geholfen wurde, der gibt sicherlich enttäuscht auf.

Wenn nach 8 Wochen das Angebot-Nachfrage-System zwischen Milchmenge und Babybedarf nicht ausgewogen ist hat frau das Gefühl versagt zu haben.

Das eigene Baby “verhungern” zu lassen?

Das kommt für keine liebende, fürsorgliche Mama in Frage! Und dann verspricht der freundliche Onkel vom TV-Bildschirm aus, dass das Baby nur das Beste bekäme. Dafür steht er mit seinem Namen.

Also gibt es doch für eine weitere Generation das in abgekochtem Wasser aufgeschüttelte Pulver aus der Flasche.

Warum es dich nicht betreffen wird

Welche Art von Stillbeziehung willst du?

Schon lange wissen wir, dass die Glaubenssätze, die wir in uns tragen viel mit dazu beitragen, wie wir uns auf Herausforderungen und Hürden einlassen.

Wir scharen die Kontakte und die Menschen um uns, die uns bestätigen und auf unserem Weg begleiten. Manchmal müssen wir uns (zeitweilig) von Menschen fern halten, die uns mit un-wahren Beteuerungen von unserem Weg abbringen.

Wie steht es mit dir? Welche Vorbilder werden deine Stillzeit beeinflussen?

Wenn du gerade schwanger bist, kannst du viel bewirken, wenn du deinen Weg in die Stillzeit sorgfältig vorbereitest. Eigenständig oder in Begleitung. Genau das tun wir im Stillvorbereitungskurs online.

Was tust du bereits um dich auf die Stillzeit vorzubereiten?

Schreib mir in den Kommentaren!

Bis bald,
~ Tabea

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Tabea Laue | Stillen, Schlafen, Mama-Sein
  • Nicole sagt:

    Ich selbst hatte anfangs Probleme mit dem stillen weil ich einfach keinerlei Unterstützung durch meine Hebamme hatte und auch mein Umfeld mit anderen Müttern war nicht wirklich eine Hilfe sowie mein Kinderarzt der natürlich auch die Pre Nahrung empfahl. Durch Hartnäckigkeit und einen gewissen Geiz und innere Ablehnung gegenüber der Pre Nahrung, nahm ich schmerzen durch’s abpumpen in Kauf und letztendlich ließ ich auch das Stillhütchen, Stillkissen, etc. weg und legte meinen kleinen Knopf stündlich an. Es funktionierte!!!!

  • Christina sagt:

    Ohne meine Hebamme hätte ich bestimmt abgestillt. Von Anfang an der Schwangerschaft war mir klar, ich werde stillen! Und ich glaubte den Frauen nicht die sagten “ich hatte keine Milch mehr” oder “meine Milch war zu dünn”.
    Ich dachte mir dabei nur, du hast es einfach nicht richtig versucht und zu schnell aufgegeben.
    Dann kam die Geburt immer näher und schließlich war sie da, in Krankenhaus wurde mir das anlegen einmal im kreissaal gezeigt, danach wurden wir mehr oder weniger mit dem Kind alleine gelassen. Ich habe es immer und immer wieder versucht aber meine kleine schrie einfach nur und konnte die Brustwarze nicht fassen zum saugen, auf meine Bitte bei der Schwester fragt sie mich ob ich nicht lieber erstmal ne Flasche geben will, als ich das verneinte half sie mir eher schlecht als recht beim anlegen. Sie war grob und ruppig und hat mir nichts erklärt.
    Zuhause angekommen wurde es immer schlimmer, meine Brüste waren kurz vorm platzen, taten höllisch weh und mein armes Kind hatte Hunger. In meiner not rief ich meine Hebamme an und sie kam sofort, mein Engel, meine Rettung! Sie beruhigte mich und meine kleine erstmal, ich kam mir so dumm vor, als versagerin, sie gab mir als aller erstes stillhütchen und massierte meine Brüste sanft. Und aufeinmal lief es, ich hatte Tränen in den Augen, endlich hats geklappt und meine Maus saugte wie verrückt und schmatze dabei genüsslich. Nachdem wir beide erstmal wieder glücklich waren kümmerte sie sich um meine kaputten Brustwarzen und behandelte sie zwei/drei mal mit einem Laser, und alle Wunden waren im nu verheilt!
    Heute ist meine Maus bald 8 Monate alt und sie genießt immer noch ihre Muttermilch, pulvermilch haben wir nie gebraucht auch wenn mir von allen Seiten erzählt wurde das meine Milch bestimmt nicht ausreicht und zu dünn ist und sie hungrig ist. Ich habe mir einfach nie was sagen lassen, ich bin meiner Meinung treu geblieben.

  • Franzi sagt:

    Sehr schön fände ich noch einen Hinweis auf das Brusternährungsset. Denn wenn man zu den 2% der Frauen gehört, bei denen ein medizinischer Grund vorliegt, warum die Milchproduktion nicht ausreichend ist, so ist doch eine Flasche nicht nötig. Mit dem Brusternährungsset kann stillfreundlich zugefüttert werden, das Baby erhält trotzdem ein Maximum an Muttermilch und die vielen anderen anderen Nachteile der Flaschenfütterung werden vermieden.

    • Liebe Franzi,

      danke! Ja – das BES ist toll und kommt bei mir auch echt gern zum Einsatz, wenn es notwendig wird. Egal ob die Mama zu den “2%” gehört oder ob wir übergangsweise so zufüttern wollen, dass das Stillen dennoch gesichert ist.

      Ich arbeite an einer Zusammenfassung zu Zufüttermöglichkeiten – bitte verzeih, dass nicht immer jeder Blogpost ALLE Facetten abdecken kann. Danke für dein Verständnis.

      ~Tabea

  • Heike Dehmelt sagt:

    Meine Zwillinge wurden 6 Wochen vor dem errechneten Termin geboren und noch im Aufwachraum fragte ich wie das jetzt laufen wird da ich ja die Babys stillen wollte. Am nächsten Tag bekam ich nach dem Frühstück eine Milchpumpe zur Verfügung gestellt und pumpte alle 3 Stunden für 20 Minuten pro Seite. Auf meinen Brustwarzen entwickelten sich Bläschen und ich hatte Schmerzen, die Brustwarzen sahen aus wie eingerissen. Ich ließ aber nicht nach weil ich wenigstens das Stillen für meine Babys ermöglichen wollte. Als meine Babys 36 Stunden alt waren konnte ich voller Stolz die erste Flasche mit abgepumpter Muttermilch auf die Intensivstation bringen. Innerhalb weniger Tage konnte ich in einer Nacht gute 500 ml abpumpen. Die Kleinen hatten am Anfang noch eine Trinkschwäche und mussten oft nach sondiert werden aber kurz bevor wir entlassen wurden schafften sie die Menge die sie laut Krankenhaus trinken sollten. Ich hatte viele Momente wo ich dachte ich kann es nicht , es ist zu viel und ich war viel zu müde aber ich sah wie gut sich meine kleinen Mäuse entwickelt haben und wir sehr sie es genossen wenn ich sie gestillt habe und ich habe gegen alle Widerstände und blöden Sprüche gekämpft weil mir vielfach gesagt wurde dass man Zwillinge überhaupt nicht stillen könnte und ich sollte Flasche geben weil sie dann durchschlafen und ich müsste niemanden was beweisen und so weiter blablabla. Mittlerweile nun schon seit drei Monaten stille ich meine beiden Babys voll. Sie akzeptieren keinerlei künstliche Sauger mehr , jedes ihrer Saugbedürfnisse wird gänzlich durch mich gestillt. Mein Vorbild war meine Mama die mich auch gestillt hat und mich immer ermutigt hat nicht aufzugeben. Es ist noch lange kein Ende in Sicht , um alle Dummschwätzer die mir einreden wollten ich könnte meine Kinder nicht stillen zu ärgern habe ich beschlossen bis zum Ende meiner Elternzeit weiter zu stillen. (Noch ca. 18 Monate)

  • Dani sagt:

    Ich habe nach 6 Wochen das Stillen meines ersten Kindes aufgegeben. Das hatte verschiedene Ursachen.
    1. im KH nach der Entbindung hatte keiner Zeit und Lust sich mit mir zu beschäftigen und mir wurden direkt (ohne Versuch) Stillhütchen aufgeschwatzt. (“Sie können sowieso nicht ohne Stillen, das brauchen wir gar nicht zu versuchen, es wird nicht funktionieren”)
    Durch die Hütchen sind meine Brustwarzen permanent gerissen, bluteten und entzündeten sich immer wieder aufs neue
    2. mangelnde Informationen: meine Hebamme hat sich wirklich bemüht mir beim Stillen zu helfen, allerdings war (ist) sie keine Stillberaterin. Ich wusste damals auch noch nicht, dass es sowas überhaupt gibt, sonst hätte ich sicher eine kontaktiert.
    3. die Scham darüber, versagt zu haben, war so groß, dass ich mich nicht mal meiner Hebamme anvertraute. Ich habe einfach still und heimlich abgestillt. Heute weiss ich, dass es absoluter Quatsch was sich dessen zu schämen und hätte ich mich meiner Hebamme anvertraut, so hätte sie mir vllt noch zum Abpumpen geraten, was ich damals noch nicht mal kannte.

    Ich habe das Abstillen 2 Jahre lang bitterlich bereut und hätte jedes Mal anfangen können zu weinen, wenn mich jemand darauf angesprochen hat. Die, für mich, seelische Heilung kam erst mit der Geburt meines zweiten Kindes, das ich mittlerweile seit 14 Monaten absolut problemlos (und ohne Stihütchen von Anfang an) stille. Diesmal hat sich eine Hebamme direkt nach der Geburt Zeit für mich und mein Kind genommen, ich denke allein dass hat schon zu einem deutlich besseren Start beigetragen.

    Danke für den tollen Artikel